Im Keller meines Mietshauses gibt es eine Waschmaschine für alle Mieter. Damit sie niemand zum Nachteil der Anderen nutzen kann ist sie mit einem Waschmünzautomaten versehen. Dieser verlangt eine gelochte Miele-Münze pro Waschgang und ist mit einem Stahlrahmen und einem beeindruckendem Vorhängeschloss versehen, dessen Wert den des zeitweisen Inhalts des Münzspeichers deutlich überschreiten dürfte. Es hat nämlich kürzlich jemand versucht, den Automaten aufzubrechen. Es fiel mir schwer zu verstehen, warum jemandem gelochte Miele-Waschmünzen so viel Wert sein könnten, um zum Brecheisen zu greifen.
Seit ich das letzte Mal versucht habe, bei meiner Hausverwaltung solche Münzen zu erstehen, sind mir die Motive des unbekannten Täters wesentlich zugänglicher.
Meine sympathische Hausverwaltung, nennen wir sie willkürlich ‚Wahnbau Monster GmbH‘ liegt relativ zu meinem Arbeitsplatz recht genau auf der entgegengesetzten Seite der Stadt. Ganz anders deren Öffnungszeiten, die von meiner Arbeitszeit recht großzügig umschlossen werden. Um also eine Schneiderfahrt zu vermeiden und aufgrund vorangegangener moderat schlechter Erfahrungen rief ich vorher an, um die Mitarbeiter von meinem abenteuerlichen Plan, Waschmünzen abzuholen, zu unterrichten.
Unbeeindruckt parierten sie meine Drohung zunächst mit der Behauptung, diese befänden sich im Safe, und den Safeschlüssel hätten sie momentan verlegt. Erster Punkt an die Verwalter. Ich ließ mich nicht beirren, und von meinem hehren Ziel – saubere Unterwäsche – beseelt rief ich zwei Tage später wieder an.
Eine weitere Mitarbeiterin erklärte mir mit Bedauern, die Waschmünzen würden im Safe aufbewahrt. Leider hätte man momentan den Safeschlüssel verlegt. Diesmal war ich vorbereitet und konfrontierte sie mit der allgemeinen Notwendigkeit des Waschens an sich. Sie zeigte Einsicht und versicherte mir, es würde ein Mitarbeiter zum ‚Objekt‘ fahren, um den Waschmünzenautomaten zu entleeren, so dass Anfang kommender Woche wieder Münzen verfügbar wären. Aha, Gleichstand!
Nachdem ich das folgende Wochenende friedlich im ‚Objekt‘ zugebracht und mich an einigen meiner letzten sauberen Socken erfreut hatte, beging ich einen Fehler. Ich glaubte der Verwalterin und begab mich ohne weiteren Anruf am Dienstag per Fahrrad zur Wahnbau. Dort musste ich zunächst eine Zeit vor einem Tresen stehen und zwei etwas hektisch wirkenden Damen bei der Arbeit am PC zuschauen. Wenn man nicht begrüßt und gebeten wird, kurz zu warten, fühlt man sich dabei recht unerwünscht. Als hafte einem der Geruch eines dieser ‚Mieter‘ an, der irgendwann zusätzlich zu den Tagesaufgaben noch zu verwalten wäre, bevor er endgültig unangenehme Eigenschaften zu entwickeln begänne.
Mein leises Räuspern wurde wohl als Beginn dieser drohenden Entwicklung wahrgenommen, denn man ließ sich dazu herab, mich zu begrüßen, meinem Anliegen zu lauschen und mir zu erklären, dass die Waschmünzen im Safe aufbewahrt würden, leider gäbe es da aber ein kleines Problem….
So einfach wurden sie mich nicht los. Ich bemühte mich, den Eindruck zu vermitteln, dass die Lösung des anstehenden Problems nicht zu meinen eigenen Mieterpflichten gehöre. Noch einmal versuchten die Verwalterinnen mich erfolglos durch angestrengtes Ignorieren zur Selbstauflösung zu bewegen. Erst dann wurde ein Kollege gerufen, der mit mir durch die Stadt zu meiner Wohnung, respektive zum ‚Objekt‘ fuhr und mir dabei ein schlechtes Gewissen einredete, weil ich den Namen meiner Vermieterin vergessen hatte.
Nach erfolgreicher Automatenleerung und Rückkehr zur Basis der Verwalter wurde sich dann nach hartem Ringen bereit erklärt, mir bis zu zehn(!) der mühevoll erbeuteten Münzen zu verkaufen. Die Verwalter wollten mich also anscheinend schon bald wiedersehen. Vielleicht um sich an meinem zwecklosen Münzverlangen zu ergötzen.
Als ein paar Wochen später die gelochten Messingtaler wieder zur Neige gingen, dachte ich nur kurz darüber nach, den Kampf wieder aufzunehmen. Dann besuchte ich mein bevorzugtes Onlinekaufhaus und klickte mir eine Waschmaschine nach Hause. Kaum zu glauben: Kauf, Lieferung und Aufbau kosteten weniger Zeit und Mühe als meine letzte Münzenodyssee.